Rechtsanwalt Christian Koller
In der vorliegenden Ausgabe sollen die juristischen Aspekte der Delegation und damit die Integration der rheumatologischen Fachassistenz in die rheumatologische Praxis beleuchtet werden. Dabei möchte ich den Blick des Lesers zunächst auf die Zahnärzteschaft lenken.
Zahnärzte haben bereits vor vielen Jahren mit großem Erfolg den Nutzen der Einbindung des nichtzahnärztlichen Personals in die Behandlung von Patienten erkannt. Das Paradebeispiel stellt hier die professionelle Zahnreinigung (kurz: PZR) dar. Die PZR wird – wenn auch rechtlich unter der Verantwortung des Zahnarztes – relativ eigenständig von dem zahnmedizinischen Fachpersonal durchgeführt. Teilweise verfügt das Fachpersonal dabei über eine gesonderte Ausbildung zur Dentalhygienikerin (DH)13 und gewährleistet einen noch höheren Standard. Dies geht so weit, dass Dentalhygienikerinnen ihre Dienste sogar in verschiedenen Praxen in speziellen PZR-Sprechstunden anbieten.
Natürlich ist die PZR durch eine Dentalhygienikerin nicht mit der Tätigkeit einer rheumatologischen Fachassistenz zu vergleichen. Handelt es sich bei der PZR um eine in sich geschlossene Therapie, die seitens des Zahnarztes nur im Groben überwacht werden muss, sind die Tätigkeiten der RFA und des Rheumatologen viel mehr miteinander verwoben.Dennoch sind die rechtlichen Grundlagen dieselben.
Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Haftungsrisiko. Dieses soll sich durch die Arbeitsteilung nicht wesentlich erhöhen. Im ersten Abschnitt gehen wir deshalb zunächst der Frage nach, welche Leistungen in zulässiger Weise delegiert werden dürfen (siehe Kapitel B), um anschließend zu erörtern, für wen sich durch die Arbeitsteilung das Haftungsrisiko erhöht (siehe Kapitel C). Zum Schluss legen wir die Anforderungen an eine wirksame Rückzahlungsvereinbarung dar, wenn der Arbeitgeber die Ausbildungskosten der RFA übernommen hat (siehe Kapitel D).
Bevor wir ins Detail gehen, müssen wir die Grundlagen der Delegation verstehen. Dies hilft uns auch am Schluss bei der folgenden Frage: Macht es haftungsrechtlich einen Unterschied, ob ein Arzt in einer Einzelpraxis oder in einer Berufsausübungsgemeinschaft delegiert?
I. Rechtlicher Ausgangspunkt der Delegation
Aufgrund des Behandlungsvertrages gemäß § 630a BGB ist der Arzt verpflichtet, die medizinische Behandlung persönlich zu erbringen. Die persönliche Leistungspflicht enthält zugleich das grundsätzliche Verbot der Übertragung von ärztlichen Maßnahmen auf Dritte. Man spricht hier auch vom sog. Arztvorbehalt, wonach bestimmte Tätigkeiten oder Maßnahmen nur von einem ausgebildeten und approbierten Arzt ausgeübt beziehungsweise durchgeführt werden dürfen.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Delegation grundsätzlich verboten wäre. Bereits 1975 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Arzt an qualifiziertes, nichtärztliches Personal delegieren kann, wenn die Tätigkeit nicht dem Arzt eigene Kenntnisse und Kunstfertigkeiten voraussetzt (BGH, Urt. v. 24.06.1975, Az.: VI ZR 72/74).
Maßgeblich ist damit, ob Verrichtungen wegen ihrer Schwierigkeit, ihrer Gefährlichkeit und einer damit einhergehenden Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen ärztliches Fachwissen voraussetzen. Dann ist der Kernbereich des ärztlichen Handelns betroffen. Eine Delegation scheidet aus.
Im Umkehrschluss dürfen Leistungen unter Aufsicht und Kontrolle des verantwortlichen Arztes auf Hilfspersonen und damit auch auf RFAs delegiert werden, soweit es sich um vorbereitende, unterstützende, ergänzende oder mitwirkende Tätigkeiten zur eigentlichen ärztlichen Leistung handelt.
II. Umsetzung in der Praxis
Wie so oft im Medizinrecht haben wir also eine recht knappe juristische Definition, deren Umsetzung nur mit fachmedizinischem Wissen gelingen kann. Um für Vertragsärzte Rechtssicherheit zu schaffen, haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband zum 01.10.2013 auf die Anlage 24 zum Bundesmantelvertrag für Ärzte über die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der Praxis (im Folgenden: Delegationsvereinbarung14) geeinigt. Diese Vereinbarung weist als Anhang einen nicht abschließenden Beispielkatalog delegierbarer ärztlicher Leistungen aus, der vom Arzt als Richtlinie herangezogen werden kann. Danach sind z. B. als delegationsfähige Leistungen physikalisch-medizinische Leistungen, der Wechsel des Dauerkatheters, die Durchführung einfacher Messverfahren (audiometrische Messungen, Prüfung des Hörens), Laborleistungen – mit Ausnahme der Leistungen der Speziallabore – sowie unterstützende Maßnahmen der Diagnostik wie etwa Blutentnahme und EKG genannt.
Dabei legt die Vereinbarung auch dar, inwieweit eine Ausbildung als Medizinische Fachangestellte Voraussetzung für die Übernahme einer bestimmten delegierten Leistung ist. RFAs sind dort allerdings nicht genannt. Umso mehr Aufmerksamkeit muss dem Beitrag „Delegation ärztlicher Leistungen in der Rheumatologie“ von Krause und seinem Autorenteam11 geschenkt werden, der konkret auf diese Fragestellung eingeht.
III. Kernbereich des ärztlichen Handelns
Alles in allem ist dabei Konsens, dass folgende Maßnahmen zum Kernbereich des ärztlichen Handelns zählen:
IV. Einbindung der RFA
Dies bedeutet aber nicht, dass der Arzt in diesen Bereichen immer alleine handeln muss. Insbesondere in den ersten beiden Punkten darf er die RFA mit einbinden:
1. Unterstützung bei der Erhebung der Anamnese
Soweit die Anamnese standardisiert durch einen Fragebogen erfolgt, kann die RFA dem Patienten unterstützend zur Seite stehen. Zweckdienlich ist der Einsatz insbesondere, um Verständnisfragen zu klären und im Anschluss die Vollständigkeit und Plausibilität des ausgefüllten Fragebogens zu überprüfen. Ebenso können gezielte Untersuchungen, wie z. B. Bestimmung einfacher Vitalparameter, sowie die standardisierte Erhebung eines Wirbelsäulen- und Gelenkstatus durch die RFA erfolgen. Ebenso dürfen RFAs erhobene Befunde dokumentieren, Assessmentbögen nach einem ärztlich vorgegebenen Schema auswerten und krankheitsspezifische Scores errechnen.11
2. Unterstützung bei der Diagnostik
Bei Vorliegen einer entsprechenden Qualifikation als medizinisch-technische Radiologie-Assistentin und der Beachtung der konkreten strahlenschutzrechtlichen Vorgaben15 darf eine RFA Röntgenaufnahmen anfertigen. Bei entsprechender Schulung und Einarbeitung darf die RFA darüber hinaus folgende Leistungen durchführen:
Ebenso können neu eintreffende Laborbefunde von RFAs vorab gesichtet werden. Dabei kann der Arzt besonders auffällige Werte definieren, bei deren Überschreitung die RFA die Laborbefunde sofort dem Behandler vorlegt. Hingegen bleibt die Befundung der Röntgenbilder sowie der Ergebnisse der Osteodensitometrie und Spirometrie dem Arzt vorbehalten.11 Ebenso nicht delegierbar sind folgende diagnostische Untersuchungen:
Diese Tätigkeiten fallen alle in den ärztlichen Kernbereich.
3. Durchführung von Therapien
Bei entsprechender Schulung und Ausbildung darf eine RFA subkutane und intramuskuläre Injektionen einschließlich Impfungen durchführen. Die intravenöse Erstapplikation von Medikamenten einschließlich Infusionen darf jedoch nur durch Ärzte erfolgen.
4. Im Einzelfall delegationsfähige Leistungen
Zudem gibt es Leistungen, die im Einzelfall auf nichtärztliche Mitarbeiter übertragen werden dürfen. Hierzu gehören insbesondere die Injektionen, Infusionen und Blutentnahmen. Der Arzt darf im Einzelfall qualifizierte nichtärztliche Mitarbeiter mit solchen Tätigkeiten betrauen, sofern sein persönliches Tätigwerden nach Art und Schwere des Krankheitsbildes oder des Eingriffs nicht erforderlich ist und der Mitarbeiter die erforderliche Qualifikation, Zuverlässigkeit und Erfahrungen aufweist.
V. Allgemeine Anforderungen an die Delegation
Haben wir nun geklärt, welche konkreten Leistungen an das nichtärztliche Personal delegiert werden dürfen, soll im Folgenden dargelegt werden, wie eine rechtssichere Delegation erfolgen kann. Hierbei ist zwischen den Pflichten des delegierenden Arztes einerseits und der RFA als Empfängerin des Delegationsauftrages andererseits zu unterscheiden.
1. Anordnungsverantwortung des Arztes
Gemäß § 4 der Delegationsvereinbarung in der KBV (s. Seite 46) trägt der Arzt im Rahmen der Delegation eine sog. Anordnungsverantwortung. Folgende Punkte sind zu beachten:
Die Leistung erfordert nicht das höchstpersönliche Handeln des Arztes. Hier geben zunächst die vorangegangenen Ausführungen eine Hilfestellung. Letztendlich muss der Arzt überprüfen, ob eine Leistung vorliegt, die fachärztliches Wissen voraussetzt. Je gefährlicher die Durchführung einer Maßnahme für den Patienten ist, desto weniger kann sie auf nichtärztliches Personal delegiert werden. Im Hinblick auf die Delegation von rheumatologischen Leistungen sei auf die Ausführungen unter B. verwiesen.
Die Mitarbeiterin ist formal, objektiv und subjektiv zur Erbringung der Leistung qualifiziert. Der Arzt hat eine Auswahlpflicht. Er muss sicherstellen, dass die Mitarbeiterin aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation oder allgemeinen Fähigkeiten und Kenntnissen für die Erbringung der delegierten Leistung geeignet ist. Von der Qualifikation der Mitarbeiterin muss sich der Arzt persönlich überzeugen. Die Auswahlpflicht erschöpft sich deshalb nicht darin, der Mitarbeiterin einen Fortbildungskurs zu bezahlen. Vielmehr muss der Arzt nach erfolgreicher Absolvierung der Ausbildung zumindest anfangs „über die Schulter schauen“ und prüfen, ob sie die ihr übertragenen Aufgaben zuverlässig erfüllt. Anschließend sollte er stichprobenhaft kontrollieren, ob sich im Laufe der Zeit Fehler eingeschlichen haben.
Der Arzt ordnet die konkrete Leistung an. Der Arzt hat die Mitarbeiterin zur selbstständigen Durchführung der Leistung anzuleiten. Dabei erteilt er fachliche Weisungen, indem er auf typische Gefahrenquellen hinweist oder auf konkrete Besonderheiten des Patienten (Anleitungspflicht). Ebenso muss er beachten, dass seine Anordnung vollständig, richtig und organisatorisch durchsetzbar ist.
Der Arzt überwacht die Ausführung. Zur Erfüllung seiner Überwachungspflicht ist nicht erforderlich, dass der Arzt bei der Ausführung der Tätigkeit immer anwesend ist. Überwachung bedeutet, dass der Arzt während des Einsatzes jederzeit für Rückfragen, Korrekturen oder bei Komplikationen zur Verfügung steht. Es gilt der Grundsatz, dass die Delegation regelmäßig die Anwesenheit des Arztes beziehungsweise dessen kurzfristige Erreichbarkeit in der Praxis voraussetzt. Somit ist es nicht zulässig, dass etwa in einer Arztpraxis durch das nichtärztliche Personal Leistungen durchgeführt werden, wenn der Arzt persönlich nicht erscheinen kann und längerfristig abwesend ist. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arzt binnen kurzer Zeit eintreffen wird und somit in angemessener Zeit persönlich erreichbar ist. Im Regelfall setzt dies voraus, dass er sich in Rufweite befindet.
Die Anordnungsverantwortung des Arztes lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Ist der Arzt überzeugt, dass die RFA die Maßnahme beherrscht und sie sachgerecht durchführen kann, darf er sich im Allgemeinen darauf verlassen, dass sie die Maßnahmen, die man aufgrund ihres Ausbildungsstandes üblicherweise erwarten kann, beherrscht.
2. Durchführungsverantwortung der RFAMit der ärztlichen Anordnungsverantwortung korrespondiert die Durchführungsverantwortungder RFA. Als Empfängerin des Delegationsauftrages muss sie darauf achten, dass sie nur Aufgaben übernimmt, denen sie sich gewachsen fühlt. Erkennt sie, dass ihr die entsprechende Qualifikation, Kenntnis oder Fähigkeit fehlt, muss sie auf diesen Mangel hinweisen und gegebenenfalls die angewiesene Tätigkeit ablehnen. Die RFA hat also die Verpflichtung, eine ärztlich delegierte Maßnahme nur dann durchzuführen, wenn sie diese auch beherrscht. Ansonsten muss sie sich – sollten sodann bei der Ausführung Fehler passieren – ein Übernahmeverschulden vorwerfen lassen.
Die RFA trägt eine Mitverantwortung, wenn eine ärztlich angeordnete Maßnahme offensichtlich falsch oder für den Patienten gefährlich ist. Sie trifft dann die Verpflichtung, den Arzt auf ihre Bedenken hinzuweisen und diese nach Möglichkeit zu dokumentieren. Aufgrund des bestehenden Über-/Unterordnungsverhältnisses zwischen Arzt und RFA ist sie zu einer Arbeitsverweigerung gegenüber dem Arzt dann befugt, wenn die angeordnete Maßnahme das Leben des Patienten gefährdet. Sie ist verpflichtet, im Falle von Fragen oder Unsicherheiten den Arzt hinzuzuziehen.
VI. Anwendungsbereich der Grundsätze
Die soeben dargestellten Grundsätze gelten zum einen für alle medizinischen Einrichtungen. Grund ist die ärztliche Anordnungsverantwortung. Die ordnungsgemäße Delegation hat ihren Ausgangspunkt immer in der Person des Arztes. Es ist deshalb unerheblich, ob es sich um einen Arzt in einer Einzelpraxis, in einem großen Medizinischen Versorgungszentrum oder um ein Teammitglied in der ASV handelt. Entscheidend ist das Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen dem Rheumatologen und der RFA.
Zum anderen besteht gegebenenfalls ein Interesse daran, dass auch angestellte Ärzte an nichtärztliches Personal delegieren sollten. Angestellte verfügen nicht automatisch über das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Damit sie in der Lage sind, im Rahmen der ärztlichen Behandlung des Patienten die Hilfeleistung anderer Personen in Anspruch zu nehmen, müssen sie gegenüber dem nichtärztlichen Mitarbeiter weisungsbefugt sein.
Diese Weisungsbefugnis ist durch eine schriftliche Vereinbarung zu dokumentieren und sicherzustellen. Aufgrund dieses Erfordernisses sollte im Arbeitsvertrag des delegierenden Arztes schriftlich fixiert sein, welche Tätigkeiten er an wen delegieren darf und welches Qualifikationserfordernis für diese Person besteht.
Betrachten wir nun die Folgen für Arzt und RFA bei einer Verletzung der oben dargestellten Grundsätze. Zur Veranschaulichung soll folgendes Beispiel dienen: Ein Rheumatologe überträgt generell die Durchführung von Knochendichtemessungen mittels DXA an seine erfahrenste RFA. An einem Nachmittag teilt er seiner RFA mit, dass er aus privaten Gründen seine Praxis für mehrere Stunden verlassen müsse und nicht erreichbar sei. Sie solle trotzdem mehrere Untersuchungen eigenständig durchführen, was diese dann auch tut. Bei der Untersuchung eines Patienten unterläuft ihr ein Fehler, der zu einem Gesundheitsschaden führt.
1. Was kann der Patient verlangen?
Kommt ein Patient aufgrund einer Pflichtverletzung zu Schaden, stellt sich die Frage, welche zivilrechtlichen Ansprüche er geltend machen kann.16 Im Falle eines Behandlungs- oder Aufklärungsfehlers hat der Patient zwei Arten von Zahlungsansprüchen:
Diese Ansprüche resultieren in erster Linie aus dem Behandlungsvertrag, den der Patient mit dem Arzt17 geschlossen hat.
Neben den vertraglichen Ansprüchen kennt das deutsche Recht aber auch die sog. deliktische Haftung (§ 823 BGB). Danach haftet derjenige auf Schmerzensgeld und Schadensersatz, der schuldhaft einen anderen dessen Gesundheit oder Leben verletzt. Ein Vertrag zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten oder eine andere rechtliche Beziehung ist dabei nicht erforderlich. Die Haftung knüpft vielmehr originär daran an, wer die schädigende Handlung konkret ausgeführt hat. Die deliktische Haftung kann somit dann eine Rolle spielen, wenn auch die RFA eine ihr übertragene Behandlungspflicht verletzt. Dazu sogleich. Schauen wir uns aber zunächst an, wann der Arzt in der Verantwortung steht.
2. Wann haftet der Arzt gegenüber dem Patienten?
In dem Beispielsfall haftet der Arzt gegenüber dem Patienten, da er mit seiner Anordnung gegen seine Überwachungspflicht verstoßen hat. Da es sich bei der DXA-Untersuchung um eine ärztliche, wenn auch delegationsfähige Leistung handelt, darf er diese nur auf die RFA übertragen, soweit er anwesend ist oder den Untersuchungsraum persönlich umgehend erreichen kann.
Weiter ist zu beachten, dass der Arzt gegenüber dem Patienten nicht nur für eigene Fehler haftet. Aufgrund des Behandlungsvertrages muss er sich gemäß § 278 BGB auch die Pflichtverletzungen des nichtärztlichen Personals zurechnen lassen. Dies gilt also auch dann, wenn der Arzt zwar seine Anordnungsverantwortung gewahrt hat. Im Beispielsfall verletzt die RFA ihre Durchführungsverantwortung, da sie einen bestimmten fachlichen Fehler begeht. Damit muss der Arzt auch für ihre Pflichtverletzung einstehen.
Damit haben wir den nicht überraschenden Befund, dass die Delegation das Haftungsrisiko des Arztes erhöht.
3. Wann haftet die RFA gegenüber dem Patienten?
Da der Patient nur mit dem Arzt einen Behandlungsvertrag schließt, kann er keine vertraglichen Ansprüche gegen die RFA geltend machen. Verletzt die RFA jedoch wie im Beispielsfall ihre Durchführungsverantwortung, so verletzt sie den Patienten in seiner Gesundheit. Folglich haftet sie aus Delikt. Dies bedeutet, dass der Patient seine Ansprüche auch direkt gegen die RFA durchsetzen kann. Er kann sie also neben dem Arzt verklagen oder seine Zivilklage ausschließlich gegen die RFA richten.
Dies ist nicht der Fall. Jeder Patient wird sich jedoch gut überlegen, ob er seine monetären Forderungen isoliert geltend machen soll. Schließlich dürften sich die finanziellen Mittel der RFA in Grenzen halten. Aus diesen Gründen kommt eine isolierte Klage gegen eine RFA in der juristischen Praxis quasi nicht vor. Dem Unterfertigten sind im Rahmen seiner nunmehr zwanzigjährigen forensischen Tätigkeit keine Fälle bekannt, in denen der Patient allein einen nichtärztlichen Angestellten verklagt hat. Der Patient tut immer gut daran, sich auch gegen den Arzt zu wenden, um seinen Anspruch finanziell zu sichern.
Hinzu kommt, dass nichtärztliches Hilfspersonal in der Berufshaftpflichtversicherung des Arztes oder der Praxis mitversichert ist. Solange also die schadensverursachende Tätigkeit der RFA der Praxistätigkeit zugeordnet werden kann, kommt grundsätzlich die Versicherung für den Schaden aufgrund der Verletzungshandlung auf. Eine eigene Haftpflichtversicherung der RFA ist dabei nicht erforderlich.
4. Regress des Arbeitgebers
So ganz sicher darf sich die RFA jedoch nicht fühlen. Zwar besteht zwischen ihr und dem Patienten kein Behandlungsvertrag. Sie steht aber in einem arbeitsvertraglichen Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber, also dem Arzt. Verletzt sie schuldhaft einen Patienten, so verstößt sie gleichzeitig gegen ihren Arbeitsvertrag, der sie verpflichtet, bei ihrer Tätigkeit die allgemeine Sorgfalt walten zu lassen.
Damit stellt sich für den Praxisinhaber und Arbeitgeber im Falle einer Inanspruchnahme durch den Patienten die Frage, ob er seine RFA in Regress nehmen soll. Zwar greift, wie bereits dargelegt, der Haftpflichtschutz, sodass dem Arzt auf den ersten Blick kein finanzieller Schaden entsteht. Jedoch sind, je nach Schadenshöhe und Frequenz der Schadensfälle, steigende Haftpflichtprämien möglich. Denkbar sind auch Fälle, in denen sich der Arzt aufgrund eines vereinbarten Selbstbehalts oder dem Vorliegen eines nichtversicherten Schadens (z. B. Honorarausfall18) an der Schadensregulierung mit eigenen Mitteln beteiligen muss.
Die Möglichkeiten eines Arbeitgebers, bei seinem Arbeitnehmer Regress zu nehmen, sind jedoch begrenzt. Die Rechtsprechung hat hierbei die Figur des innerbetrieblichen Schadensausgleichs entwickelt. Danach haftet der Arbeitnehmer nicht in allen Fällen. Entscheidend ist vielmehr der sogenannte Grad des Verschuldens, also wie vorwerfbar der dem Arbeitnehmer unterlaufene Fehler diesem ist. Man unterscheidet insoweit zwischen:
Der Arbeitgeber hat somit nur die Möglichkeit, seinen Arbeitnehmer voll in Regress zu nehmen, wenn dieser vorsätzlich gehandelt hat. Hingegen wird der Schaden bei Vorliegen einer mittleren oder groben Fahrlässigkeit je nach den Einzelumständen verteilt. Zudem kann im Einzelfall eine Haftungsbegrenzung berücksichtigt werden. Die Haftung soll den Arbeitnehmer nicht in den Ruin treiben. So gilt zum Beispiel bei einem sog. Mini-Job, dass regelmäßig der gesamte Verdienst zur Existenzerhaltung benötigt wird und Reserven, Rücklagen oder Sparquoten nicht bestehen. Hingegen ist das Bestehen einer privaten Haftpflichtversicherung bei der Beurteilung des Haftungsmaßstabes nicht zu berücksichtigen, da eine freiwillig abgeschlossene Privatpflichtversicherung sich nicht auf die interne Betriebsrisikoverteilung auswirkt.
Dies scheint auf den ersten Blick ebenfalls das Haftungsrisiko der RFA zu erhöhen. Jedoch muss auch hier darauf hingewiesen werden, dass eine Regressierung durch den Arbeitgeber nur sehr selten vorkommt. Dies zeigt vor allem die Situation in Krankenhäusern und hat damit zu tun, dass durch die Geltendmachung eines Regresses nicht nur das konkrete Arbeitsverhältnis gestört wird, sondern der Arbeitgeber gegenüber der gesamten Belegschaft an Attraktivität verliert. Zum anderen ist auch hier wieder zu berücksichtigen, dass schon ein hoher vierstelliger Betrag den Arbeitnehmer an seine finanzielle Belastungsgrenze bringen kann. Eine Durchsetzung verbleibt für viele Arbeitgeber frustran. Ein etwas anders gelagerter Fall des Arbeitsgeberregresses stellt die Rückforderung bereits übernommener Ausbildungskosten dar. Dies leitet uns zu unserem letzten Kapitel über.
Soweit Sie als Praxisinhaber und Arbeitgeber die Kosten für die Fort- bzw. Weiterbildung zur RFA ganz oder teilweise übernehmen, stellt sich Frage, ob Sie verhindern können, dass Ihre Arbeitnehmerin nach absolvierter Fortbildung kündigt, um sich mit der von Ihnen finanzierten Qualifikation einen besser dotierten Job zu suchen. Eine Möglichkeit ist die Schließung einer Rückzahlungsvereinbarung. Dabei ist dies in engen Grenzen zulässig, im Falle einer Kündigung die übernommenen Kosten ganz oder teilweise von Ihrer Mitarbeiterin zurückzuverlangen.
1. Generelle Zulässigkeit
Eine Rückzahlungsvereinbarung ist nur dann zulässig, wenn es sich um eine Ausbildung handelt, die dem Arbeitnehmer in aller Regel besondere Aufstiegschancen beim eigenen Arbeitgeber sowie eine Chancenverbesserung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eröffnen. Dagegen dürfen kurze betriebsbezogene Fortbildungsmaßnahmen, die vorhandene Kenntnisse und Fähigkeiten lediglich erweitern oder auffrischen, nicht Gegenstand einer solchen Vereinbarung sein. Im Falle der Fortbildung zur RFA können wir jedoch sicher von einer erheblichen Verbesserung der Qualifikation der nichtärztlichen Mitarbeiterin ausgehen.
2. Form der Vereinbarung
Wichtig ist, dass eine solche Rückzahlungsvereinbarung schriftlich, und zwar vor Beginn der Fortbildung getroffen wird. Unterschreiben der Arzt und die RFA erst nach Beginn des Kurses die Vereinbarung, können bereits bezahlte Kursgebühren nicht mehr zurückverlangt werden.
3. Inhalt der Vereinbarung
Inhaltlich muss eine Rückzahlungsvereinbarung verhältnismäßig sein. Der Angestellte darf zeitlich nicht unbegrenzt zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet werden. Maßgeblich ist dabei das Verhältnis der Weiterbildungsdauer im Verhältnis zur so genannten Bindungsdauer. Dabei umfasst die Weiterbildungsdauer den Zeitraum, den die Bildungsmaßnahme einnimmt. Konkret versteht man dabei die Zeit der tatsächlichen Freistellung zur Teilnahme an den Fortbildungsmaßnahmen, nicht jedoch den gesamten Zeitraum, über den sich die Fortbildung erstreckt. Verläuft also die Ausbildung über insgesamt vier Blöcke á 2 Tage, stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für maximal 8 Tage frei, auch wenn sich die einzelnen Blöcke gegebenenfalls auf mehrere Monate verteilen. In einem solchen Fall geht die Rechtsprechung von einer Bindungsdauer von maximal 6 Monaten aus. Dies bedeutet, dass die Rückzahlungsklausel nach absolvierter Prüfung für 6 Monate gilt. Kündigt der Mitarbeiter 7 Monate nach absolvierter Prüfung, so wäre keine Rückforderung mehr möglich.
4. Die Rückzahlungsmodalitäten
Im Rahmen einer Rückzahlungsvereinbarung sind auch die Rückzahlungsmodalitäten zu regeln. Nach der Rechtsprechung ist der Rückzahlungsbetrag zeitanteilig im Verhältnis zur Bindungsdauer zu staffeln. Würde mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers (innerhalb der Bindungsdauer) der volle Rückzahlungsbetrag fällig, käme die Klausel einer Vertragsstrafe gleich und wäre unwirksam. In der Praxis empfiehlt sich somit, bei einer sechsmonatigen Bindungsdauer den Rückzahlungsbetrag pro Monat der Bindungsdauer um 1/6 zu reduzieren. Schließlich darf der Rückzahlungsbetrag nur die tatsächlich angefallenen Fortbildungskosten umfassen. Neben den Fortbildungskosten kann bei einer Freistellung von der Arbeitsleistung allerdings auch die fortgezahlte Vergütung zurückgefordert werden. Das bedeutet, dass bei unterstellten Kurskosten von € 3.000,00 bei einer Kündigung nach 3 Monaten nach Kursende nur € 1.500,00 zurückgefordert werden dürfen.
5. Beendigungstatbestände
Eine Rückzahlung von Fortbildungskosten darf der Arbeitgeber nur verlangen, wenn der betreffende Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der jeweiligen Bindungsfrist selbst beendet. Der Arbeitnehmer muss also die Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst haben – und zwar entweder durch eigene Kündigung oder durch schuldhaftes Fehlverhalten, das seinerseits zu einer Kündigung durch den Arbeitgeber geführt hat. Hingegen können eine betriebsbedingte Kündigung oder andere vom Arbeitgeber veranlasste Beendigungsgründe die Rückzahlungsklausel nicht aktivieren.
6. Steuerrechtliche Auswirkungen
Zuletzt sei noch auf die Frage hingewiesen, ob die Übernahme der Kursgebühren als geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer zu werten ist. In diesem Fall wären die Kosten als normaler Arbeitslohn zu behandeln und damit zusätzlich zu versteuern. Zudem wären die Kosten sozialversicherungspflichtig, was für den Arbeitsgeber zu Mehrkosten führen würde. Hier sind Fortbildungs- von Ausbildungskosten zu unterscheiden.
Die Gebühren für den Aufbaukurs einer Rheumatologischen Fachassistenz sind sog. Fortbildungskosten.19 Hierbei handelt es sich im steuerlichen Sinn um Aufwendungen, die die Kenntnisse im ausgeübten Beruf erweitern und den steigenden und sich ändernden Anforderungen anpassen sollen. Insofern gehören Arbeitgeberleistungen, die der beruflichen Fortbildung des Arbeitnehmers dienen, nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Hier kann der Arbeitgeber nicht nur die reinen Kursgebühren, sondern auch Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten nach den für die Dienstreise geltenden Grundsätzen übernehmen.
Damit beende ich unseren kleinen juristischen Rundblick über die verschiedenen Fragen der Delegation und der Stellung der Rheumatologischen Fachassistentin. Wie dargelegt, gibt es zahlreiche Tätigkeiten, die eine RFA übernehmen kann, um den Arzt sinnvoll zu entlasten. Dabei steigt das Haftungsrisiko des Arztes, da er für Fehler der RFA gegenüber dem Patienten einstehen muss. Er muss somit darauf achten, die Anordnungsverantwortung gewissenhaft auszuüben. Im Regelfall sind allerdings die von der RFA verursachten Schadensfälle vom Berufshaftpflichtschutz mitumfasst. Für krasse Fehler der RFA, die jedoch in der Praxis praktisch nie vorkommen, steht ihm zudem die Möglichkeit des Arbeitgeberregresses zu. Auch das persönliche Haftungsrisiko der RFA steigt. Sie ist aber generell über die Haftpflichtversicherung der Praxis ausreichend mitversichert. Eine eigene Haftpflichtversicherung ist nicht notwendig.
Bei Einhaltung der beschriebenen rechtlichen Verbindlichkeiten stellt die Delegation ein effektives Instrument zur ärztlichen Entlastung, zur Motivation der Mitarbeiter und intensiveren zuwendungsorientierten Behandlung der Patienten dar. Insgesamt zeigt die forensische Erfahrung, dass das Haftungsrisiko beherrschbar ist und kein Ausschlusskriterium für eine Zusammenarbeit zwischen Arzt und RFA sein darf. Soweit die nichtärztlichen Mitarbeiter zum Absolvieren der Fortbildung durch eine Übernahme der Kosten motiviert werden sollen, kann der Arzt das finanzielle Risiko durch eine juristisch korrekte Rückzahlungsvereinbarung zumindest für eine gewisse Zeit abmildern.